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Versöhnung Wissenschaft

Wo Freundschaft Frieden schafft

Roger Williams und die Narragansett-Indianer

So störrisch Roger Williams angeblich auch war (hartnäckig war er mit Sicherheit), so intensiv pflegte er einen warmen und von gegenseitiger Wertschätzung gekennzeichneten Austausch mit den Indianern im Osten der heutigen USA, vor allem mit den Narragansett.
Die Narragansett

Die Narragansett sind eine indianische Nation aus der Algonkin-Sprachfamilie. Zur Zeit des ersten Kontakts mit den Weißen wohnten sie hauptsächlich auf den Inseln der Narragansett-Bucht, im Gebiet des heutigen US-Bundesstaates Rhode Island und im östlichen Massachusetts.


Erste Erwähnung

Die erste bekannte Beschreibung der Narragansett stammt von Giovanni da Verrazzano, der die Narragansett-Bucht im Frühling 1524 besuchte:

Die Narragansett »sind die bestaussehenden Leute mit den zivilisiertesten Umgangsformen, denen wir auf dieser Reise begegnet sind. Sie sind größer als wir … haben feine Gesichtszüge … ihre Augen sind schwarz und klar. Sie verhalten sich vornehm, ähnlich wie die Leute im klassischen Altertum.«

Das mächtigste Volk im südlichen Neuengland

Als die Engländer im Jahr 1620 ihre erste Kolonie in Neuengland gründeten, gehörten die Narragansett zu den mächtigsten und gefürchtetsten Stämmen der Region. Zu diesem Zeitpunkt hatten sie schon einige Erfahrungen mit Europäern gesammelt und trieben mit den Holländern aus Neuamsterdam regen Handel mit selbsthergestelltem Muschelschmuck und Wampum (Perlen aus Meeresschnecken und Muscheln). Englische Händler akzeptierten etwa ab der Mitte des 17. Jahrhunderts Wampum auch als allgemein gültiges Zahlungsmittel. Die Narragansett zogen – wie die meisten Neuengland-Stämme – im Zyklus der Jahreszeiten zu ihren wichtigsten Nahrungsquellen im Wald, auf den Feldern und im Wasser.

Die Wampanoag

Die Wampanoag gehörten zu den unterworfenen Nachbarn der Narragansett und wohnten im südöstlichen Massachusetts, genau zwischen den Narragansett in Rhode Island und den gerade in Plymouth angekommenen Pilgervätern. Sie begrüßten die neue Siedlung und bemühten sich um eine Allianz mit den Engländern, was die Narragansett misstrauisch beobachteten.

Roger Williams und die Narragansett

Als Roger Williams 1636 Massachusetts verlassen musste, fand er vor allem in den ersten schweren Jahren Unterstützung bei diesen Ureinwohnern des Landes. Schon zuvor hatte er mit ihnen gehandelt, gelebt, sie geachtet und ihr Vertrauen gewonnen. Die Indianerhäuptlinge der Narragansett Canonicus und Miantonomo gaben ihm nicht nur Land. Sie und andere Narragansett und Wampanoags versorgten die Siedler auch mit Samen und manchmal mit Nahrung.

Wertschätzung

Williams lernte die Indianer als sehr höfliche, korrekte, umgängliche, gastfreundliche, ehrliche und naturverbundene Menschen kennen. Er wohnte zwar nicht ihren religiösen Riten bei, um nicht »Anteil an ihrem Götzendienst« zu haben, aber er war ihr Freund. Er lebte und handelte mit ihnen; er studierte ihre

Sprache, ihre Sitten, ihre Religion, ihr Familienleben und andere Aspekte ihrer Welt und entwickelte eine tiefe Wertschätzung für sie als Menschen.

Ein besonderer Sprachführer

1643 veröffentlichte Williams sein Buch »A Key Into the Language of America«, eine Art Sprachführer der Narragansett-Sprache, verbunden mit Beobachtungen über ihr Leben und ihre Kultur. Es sollte eine Hilfe für die Kommunikation mit den Indianern sein und den voreingenommenen Engländern zeigen, dass die Indianer genauso gut seien wie die Engländer, in mancher Hinsicht sogar überlegen.

Friedensverhandlungen

Dank seiner Vermittlungen und Verhandlungen konnte Williams so manche blutige Auseinandersetzung zwischen den Engländern und den Indianern verhindern und in Rhode Island fast 40 Jahre lang den Frieden zwischen den Indianern und Engländern sichern. Zweimal gab er sich selbst den Indianern als Geisel, um die sichere Rückkehr eines großen Häuptlings von der Vorladung zu einer Gerichtsverhandlung zu garantieren.

Ein ganz anderer Missionar

Roger Williams wird heute oft als ein »Missionar« unter den Indianern bezeichnet. Er selbst wollte aber nie die Indianer »bekehren«, wie die Engländer es überwiegend verstanden und taten. Für ihn war »Bekehrung« eine als »Evangelisation« getarnte Verfolgung. Seinen eigenen Worten zufolge hätte er die Indianer zu Tausenden taufen können, aber er taufte nicht einen einzigen, denn es wäre heuchlerisch und falsch gewesen. Williams bildete feste Freundschaften und entwickelte tiefes Vertrauen zu den Einheimischen, vor allem zum Stammeshäuptling Canonicus und den Narragansett.

Williams und Canonicus

Williams pflegte vor allem zu Canonicus eine innige Verbindung. Für das Land, das er von ihm für die Niederlassung Providence erhalten hatte, machte er ihm später reichlich Geschenke, vor allem aus seinem eigenen Handelszentrum. Er verkaufte praktisch nie etwas an Canonicus, sondern schenkte es ihm.

Canonicus liebte Williams wie einen Sohn bis zu seinem letzten Atemzug und wünschte, der »Englishman« würde einmal an seiner Beerdigung teilnehmen; er selbst wollte in Williams’ Kleidern begraben werden. So geschah es auch. Canonicus wie Williams hatten gehofft, die Engländer und Indianer könnten über alle Generationen hinweg in Frieden zusammenleben. Aber als Canonicus 1647 starb, starb ein Großteil dieser Hoffnung mit ihm.

King-Philips-Krieg

Der King-Philips-Krieg, der Aufstand der Indianer von 1675–1676 gegen die Expansion der englischen Kolonisten, wurde eines der bittersten Ereignisse in Williams Leben. (Der eigentliche Name des indianischen Anführers war Metacomet. Er wurde von den Engländern King Philip genannt.) Die Stadt Providence wurde samt Williams Haus im März 1676 verbrannt. Von den fast 5.000 Narragansett vor dem Krieg überlebten weniger als 500 und unterzeichneten 1682 einen Friedensvertrag mit den Engländern. Ihre Nachkommen leben noch heute in Wisconsin auf der Ostseite des Lake Winnebago. 

Mehr über Roger Williams: https://hoffnung-heute.info/2021/03/12/roger-williams/

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Patricia Rosenthal

Zusammengestellt aus:

https://de.wikipedia.org/wiki/Narraganset

https://de.wikipedia.org/wiki/Roger_Williams

Edwin S. Gaustad. Liberty of Conscience.
Roger Williams in America, Judson Press 1999.