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Gesundheit

Die unsichtbare Welt in uns

Wie unsere innere Welt der Mikroorganismen mit unserem Immunsystem zusammenhängt

Der Mensch – ein wandelndes Ökosystem

Wussten Sie, dass in und auf unserem Körper mehr Kleinstlebewesen wie Bakterien, Viren und andere Mikroorganismen leben, als unser Körper Zellen besitzt? Ca. 40 Billionen Mikroben machen unser sogenanntes Mikrobiom aus. Das entspricht einer 4 mit 13 Nullen und übertrifft die Anzahl unserer Körperzellen um 10 Billionen! Die meisten davon befinden sich in unserem Darm und Magen, gefolgt von Haut, Zunge, Rachen und Genitalbereich und sind gerade mal einen Mikrometer groß, also 0,001 Millimeter.

Dabei ist unser Darm die größte WG in unserem Körper. Mindestens 1000 verschiedene Mikroorganismen leben symbiotisch in unserem Darm und wiegen zusammen rund 1,5 bis 2 Kilogramm. Sie bestehen aus zehnmal mehr Zellen und enthalten mehr Gene als der gesamte menschliche Körper (mehr als 3,3 Millionen vs. rund 23.000). 

Doch wie kommen wir eigentlich zu diesen kleinen, für uns unsichtbaren Daueruntermietern? Welche Rolle spielen sie für unsere Gesundheit und besonders für unser Immunsystem? Und wie können wir sie unterstützen?

Ein gelungener Start

Der Aufbau unserer Darmflora beginnt bereits während der Geburt und kurz danach. Im Mutterleib ist der Embryo keimfrei. Beim Geburtsvorgang erhält er die erste kräftige Dusche an Mikroorganismen durch die Mikroflora im Urogenitaltrakt der Mutter, was dem Neuankömmling hilft, das eigene Immunsystems aufzubauen. Studien zeigen, dass sich auf natürlich geborenen Kindern andere und eine größere Anzahl unterschiedlicher Mikroorganismen befinden als auf Kaiserschnitt-Babys.

Der Aufbau der Darmflora erfolgt dann durch die Ernährung des Neugeborenen, und vor allem die Art der Ernährung entscheidet darüber, wie vielfältig sich das Mikrobiom des neuen Erdenbürgers gestaltet. In der Muttermilch befinden sich nämlich mehr als 700 verschiedene Bakterien. Sie gelangen durch das Trinken in den Verdauungstrakt des Neugeborenen und helfen dabei, die eigene Darmflora aufzubauen. Im Darm gestillter Kinder befinden sich nach den ersten Wochen hauptsächlich milchsäureproduzierende Bakterien (Bifidobakterien und Laktobazillen), im Gegensatz zu Flaschenkindern, die eine eher erwachsenenähnliche Mikroflora aufweisen. Diese Bakterien ernähren sich vor allem von den in der Muttermilch enthaltenen Präbiotika, also unverdaulichen Kohlehydraten (Ballaststoffen), und verdrängen durch die von ihnen produzierte Milchsäure unerwünschte Insassen aus der Darm-WG. In dieser Weise stärken sie die Abwehrkräfte und fördern eine gesunde Darmflora.

Diese Entwicklung geschieht in den ersten drei Jahren des Säuglings und legt die Grundlage für die Zusammensetzung der Darmflora und damit der Gesundheit, ja vielleicht sogar ein Stück der Persönlichkeit des Menschen für das ganze Leben. Neueste Studien legen nahe, dass die Zusammensetzung unseres Mini-Ökosystems mehr mit unseren Gefühlen und unserem Befinden zu tun hat, als man bisher angenommen hat.

Wunder über Wunder

Aber das ist nicht das einzige Wunder beim Aufbau unserer internen Körperpolizei. Schon während der Entwicklung im Bauch der Mutter bekommt der Embryo die ersten Starthilfen mit auf den Weg, nämlich die Antikörper der Mutter. Diese schützen das Neugeborene in den ersten Lebensmonaten vor Infektionskrankheiten, die die Mutter selbst schon durchgemacht hat. Sind die mütterlichen Abwehrstoffe abgebaut, muss das Immunsystem des Babys selbstständig Antikörper produzieren und sich die charakteristischen Eigenschaften diverser Erreger merken, damit es im Ernstfall richtig reagieren und die passenden Abwehrstoffe bilden kann. Damit nun das Immunsystem ideal funktionieren kann, helfen unter anderem die kleinen Untermieter in unserem Darm.

Wenn zwei miteinander reden …

Man staunt nicht schlecht: Im Darm befindet sich der weitaus größte Teil unseres Immunsystems. Nahezu 80 Prozent aller Immunzellen sind dort ansässig. Sie halten die pathogenen Mikroorganismen in Schach, damit sie sich nicht übermäßig stark vermehren. Diese »schlechten« Bakterien halten das Immunsystem ständig aktiv und trainieren es regelrecht. Aber auch die guten Darmbakterien spielen eine wichtige Rolle: Sie informieren die Immunzellen im Darm über Eindringlinge, damit das Immunsystem sofort aktiv werden kann. Und sie trainieren das Immunsystem, zwischen »gut« und »böse« zu unterscheiden. Das zeigt, wie eng das Immunsystem mit der gesamten Mikroflora verknüpft ist. Daher ist eine gesunde Darmflora außerordentlich wichtig für ein starkes Immunsystem.

Und das alles beginnt schon mit der Geburt. Durch die Flutung des Darmsystems des Neugeborenen mit guter Muttermilch wird unser Immunsystems extrem aktiviert. Das ist vergleichbar mit der Natur: Haben wir mehr Insekten, gibt es mehr Vögel. Genau das Gleiche passiert im Darm. Die vermehrte Anzahl an Bakterien stimuliert das Immunsystem. 

Dabei beeinflussen verschiedene Bakterien jeden einzelnen Typ von Immunzellen ganz unterschiedlich. Einige Bakterien üben einen starken Einfluss aus; andere haben eine eher unterschwellige Wirkung; nur ganz wenige Keime zeigen gar keine Effekte. Ein Teil der Bakterien erhöht die Aktivität bestimmter Zellen, ein anderer dämpft die Aktivität derselben. Einige Darmbakterien verstärken die Aktivität bestimmter Gene, andere verringern sie. Diese gegenläufigen Effekte legen einen Mechanismus zur gegenseitigen Kontrolle nahe, der sicherstellt, dass kein einzelnes Bakterium alle anderen in seiner Wirkung auf das Immunsystem aushebeln kann. Einige Bakterienstämme führen z.B. zu einer deutlichen Vermehrung der sogenannten regulatorischen T-Zellen, einer Art von Immunzellen. Diese sind verantwortlich für die Eindämmung von Entzündungsprozessen sowie die Aufrechterhaltung der Selbsttoleranz. Schließlich soll unser Körper sich ja nicht selbst angreifen. Die am stärksten von den Bakterien beeinflussten Immunzellen wären jedoch die sogenannten dendritischen Zellen. Diese stehen in direktem Kontakt mit dem Mikrobiom und haben zugleich einen Einfluss auf die bereits erwähnten regulatorischen T-Zellen und deren Sekretion von Interferonen. Interferone sind vom Körper produzierte Proteine, die der Abwehr von Viren dienen. 38% der getesteten Bakterien bewirkten eine Vermehrung der dendritischen Zellen, während nur 8% deren Zahl reduzierte.

Den Start verpasst?

Nicht jedem gelingt der Start ins Leben allerdings so ideal wie einem spontan entbundenen und lange gestillten Kleinkind. Aber das ist kein Grund, die Ohren hängen zu lassen. Denn es gibt noch weit mehr Faktoren, die unser Immunsystem günstig beeinflussen:

Regelmäßiges Fasten entlastet den Darm und das Immunsystem. Sie können sich erholen und neue Kräfte tanken.

Eine vollwertige Ernährung mit viel frischem Obst und Gemüse liefert die nötigen Vital- und Ballaststoffe, um Darm und Immunsystem fit zu halten.

Zucker stört das Gleichgewicht zwischen guten und schlechten Darmbakterien und führt zur Ausschüttung von Cortisol, einem Stresshormon, welches das Immunsystem schwächt. Außerdem legt er die T-Zellen lahm.

Zu viel Salz verdrängt wichtige Darmbakterien und bringt
das Immunsystem aus dem Gleichgewicht.

Vitamin D stärkt die angeborene unspezifische Immunantwort und reguliert die erworbene spezifische. Es stärkt z.B. die sogenannten AMPs. AMPs sind antimikrobielle Proteine, die Mikroorganismen, auch Viren, effizient und schnell abtöten können, und das lange bevor das erworbene Immunsystem mit der Aktivierung von spezialisierten Abwehrzellen reagieren kann. Außerdem hemmt Vitamin D die Produktion des sog. NF-κB Transkriptionsfaktors. Je niedriger dieser Faktor ist, desto höher die Resistenz gegen Infektionskrankheiten. Vitamin D wirkt außerdem Autoimmunkrankheiten entgegen, indem es die körpereigene Abwehr in einer Weise reguliert, dass Überreaktionen des Immunsystems minimiert werden. Es aktiviert z.B. die sog. TLRs (Toll-Like-Receptor), Strukturen des angeborenen Immunsystems, die erkennen, welche Zellen und Substanzen zum Körper gehören und welche gefährliche Eindringlinge darstellen. Auch hemmt es die Ausschüttung entzündungsfördernder Botenstoffe (Zytokine) und aktiviert parallel die Ausschüttung entzündungshemmender Botenstoffe. 

Genügend reines Wasser hilft dem Körper, Gifte und Stoffwechselschlacken auszuscheiden und entlastet so das Immunsystem. Dehydration vermindert die Funktion der neutrophilen Granulozyten, einer bestimmten Art weißer Blutkörperchen (Leukozyten), die Bestandteil der zellulären Immunabwehr sind.

Im Schlaf reinigt der Körper sich selbst und stärkt damit das Immunsystem, vor allem in den Tiefschlafphasen, vorausgesetzt der Magen ist nicht zu voll. Am besten schläft es sich im Dunkeln bei offenem Fenster.

Chronischer Stress und Angst erhöhen die Anfälligkeit für Krankheiten und verlängern Heilungsprozesse. Die Zahl der Immunzellen im Blut sinkt und die natürlichen Killerzellen sind weniger aktiv. Auch teilen sich die T-Lymphozyten langsamer.

Bewegung hilft dem Lymphsystem bei der Entschlackung unseres Organismus und stärkt so das Immunsystem. Auch bringt Bewegung, bei der man aus der Puste kommt, mehr Sauerstoff in unseren Körper. 

Frische, saubere Luft stärkt das Immunsystem, am besten bei einem gemeinsamen Spaziergang mit den Menschen, die wir lieben. 

Lachen verstärkt die Aktivität der Abwehrzellen des Immunsystems und baut Stress ab. 

Das Vertrauen, dass wir nicht allein sind, sondern getragen werden, verleiht dem Immunsystem Flügel. Zu wissen, dass ein gütiger Vater für uns sorgt, unsere Nöte kennt und uns nicht im Stich lässt, ist die beste Medizin und stärkt unsere Abwehrkräfte.

Antibiotika und andere Medikamente zerstören die Darmflora und schwächen das Immunsystem. 

Knoblauch, Ingwer, Kurkuma und etliche andere »kleine Helfer« enthalten Stoffe, die pathogene Mikroorganismen abtöten, ohne die nützlichen Darmbakterien anzugreifen. Sie wirken antimikrobiell. Das im Knoblauch enthaltene Allicin erhöht im Blut den Spiegel der beiden antioxidativ wirksamen Enzyme Katalase und Glutathionperoxidase. Auf diese Weise können vermehrt freie Radikale abgefangen und Schäden an den Zellmembranen vermieden werden. Knoblauch wirkt sogar gegen antibiotika-resistente Bakterien. Auch Propolis und Echinacea stärken das Immun- system. 

Wenn man so einen Blick in unser Innerstes werfen darf, hat man den Eindruck, dass sich eine ganz eigene, wunderschöne Welt vor uns eröffnet – eine Welt, bei der alles perfekt ineinandergreift. Wir staunen über das Wunder »Mensch«, und wir erkennen unsere Verantwortung, es zu stärken und zu erhalten.

Aus Omas Hausmittel-Küche

Leckeres »Antibiotika«-Salatdressing

5 geh. El Sonnenblumenkerne
6 geh. El geschälter Sesam
Saft einer Zitrone
1 Stück Ingwer geschält
1 Stück frische Kurkumawurzel geschält (im Bioladen nachfragen)
1,5 Tl Salz
350ml Wasser

Alles im Rohkost-Hochleistungsmixer 1 min fein mixen. Das Dressing ist im Kühlschrank einige Tage haltbar.

Natürliches Antibiotikum

Meerrettich
Knoblauch
Kurkuma
Ingwer Zitrone
etwas Cayenne
etwas Wasser

Alles fein mixen, im Kühlschrank aufbewahren und regelmäßig einen TL essen.

Zwiebelabwehr

Bei angehenden Erkältungen Zwiebeln in Scheiben schneiden und im Zimmer aufstellen. Sie ziehen Bakterien an und machen sie unschädlich.

Zwiebel-Knoblauch-Tee

Zwiebeln
Knoblauch
Wasser
Thymian

Zwiebeln und Knoblauch schneiden und alles zusammen ca. 10 Minuten kochen und ziehen lassen. Es ist besonders hilfreich für Menschen, die Knoblauch und Zwiebeln roh nicht gut vertragen. Man kann den Tee auch ins Badewasser geben. 

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Patricia Rosenthal

Redakteurin von »hoffnung HEUTE«